Das gesamte Auswahlverfahren der Polizei zielt darauf ab, Ihre Eignung für den Polizeiberuf festzustellen und zu bewerten. Verschiedene Tests überprüfen intensiv Ihre Kenntnisse, Fähigkeiten und Eigenschaften. Auf diese Weise kann sich die Polizei einen umfassenden Eindruck verschaffen und erfährt viel über Sie als Person. Neben schriftlichen Tests, einer Sportprüfung, einer ärztlichen Untersuchung und eventuell Aufgaben aus dem Assessment-Center steht dabei natürlich auch ein Bewerbungsgespräch auf dem Programm.
Die Tätigkeit als Polizeibeamter ist anspruchsvoll und fordert Sie in vielerlei Hinsicht. Um passende Nachwuchskräfte zu finden, setzen die Polizeibehörden deshalb ein Eignungsauswahlverfahren ein, das ebenso hohe Anforderungen an die Bewerber stellt. Schriftliche und mündliche Prüfungen, ein Sporttest und ein medizinischer Check sollen zeigen, ob Sie für eine Laufbahn im Polizeidienst geeignet sind.
Ein fester Bestandteil vom Auswahlverfahren ist außerdem das Einzelgespräch. Im direkten Austausch möchten sich die Prüfer einen Eindruck von Ihnen als Person verschaffen und herausfinden, ob Sie die notwendigen Charaktereigenschaften für den Polizeiberuf mitbringen.
Eine Art von Fragen, die die Polizei dafür im Vorstellungsgespräch einsetzt, sind situative Fragen. Und was es damit auf sich hat, schauen wir uns jetzt einmal genauer an.
Ein kurzer Überblick zum Vorstellungsgespräch bei der Polizei
Das Bewerbungsgespräch bei der Polizei läuft etwas anders ab, als Sie es vielleicht von Unternehmen kennen. Denn in den meisten Fällen wird es als sogenanntes strukturiertes Interview durchgeführt.
Das entscheidende Merkmal von einem strukturierten Interview ist der klar definierte Ablauf. Die Prüfer arbeiten mit einem Fragenkatalog, der genau festlegt, wann welche Frage gestellt wird. Inhaltlich sind die Fragen eng auf den Polizeiberuf und die dafür notwendigen Kompetenzen abgestimmt. Auch die Bewertung Ihrer Antworten erfolgt nach festen Kriterien, meist nutzen die Prüfer dafür eine Skala mit Punkten oder Noten.
Weil die Prüfer die Fragen aus dem Katalog recht zügig nacheinander stellen, bleibt Ihnen nicht viel Zeit, um lange über die Antworten nachzudenken. Außerdem führt die klare Struktur dazu, dass sich kein echter Dialog entwickelt. Ein strukturiertes Interview wirkt weniger wie ein lockeres Gespräch, sondern erinnert eher an ein Verhör.
Aber weil alle Bewerber genau die gleichen Fragen in derselben Reihenfolge beantworten und die Bewertung nach einem einheitlichen Schema erfolgt, kann das Auswahlgespräch objektiv ausgewertet werden. Und die Ergebnisse der einzelnen Bewerber sind miteinander vergleichbar.
Abgesehen von der besonderen Struktur, ähneln die Abschnitte des Interviews einem klassischen Vorstellungsgespräch. Nach der Begrüßung stellen sich die Prüfer vor und erklären den Ablauf. Danach werden Sie um Ihre Selbstpräsentation gebeten. Anschließend folgen die vorbereiteten Fragen. Ist der Fragenkatalog abgearbeitet, können Sie eigene Fragen stellen. Dann wird es auch schon wieder Zeit für die Verabschiedung.
Was genau sind situative Fragen?
Eine Form von Fragen, die im Vorstellungsgespräch der Polizei häufig vorkommt, sind die situativen Fragen. Durch sie möchten die Prüfer Erkenntnisse darüber gewinnen, wie Sie in bestimmten Situationen reagieren. So wird es möglich, Rückschlüsse auf Ihr Verhalten und Ihren Charakter zu ziehen. Dabei geht es um Dinge wie Motivation, Pflichtbewusstsein, Ehrlichkeit und Teamgeist, aber auch um Stärken und Schwächen.
Die Grundlage für eine situative Frage bildet eine fiktive Situation. Häufig schildern Ihnen die Prüfer dabei ein Ereignis oder ein Szenarium, das Ihnen so im Dienstalltag als Polizistin oder Polizist begegnen kann. Sie sollen dann beschreiben, wie Sie sich verhalten, wie Sie vorgehen, wie Sie die Sachlage aufklären oder welche Mittel Sie einsetzen würden.
Eine Abwandlung sind verhaltensbezogene Fragen. Auch sie beziehen sich auf Ihr Verhalten, Ihr Auftreten und Ihre Eigenschaften. Anders als situative Fragen basieren verhaltensbezogene Fragen aber nicht auf erdachten Szenen, sondern auf konkreten Erlebnissen und Erfahrungen, die Sie beruflich oder privat gemacht haben.
Beispiele für situative Fragen im Vorstellungsgespräch der Polizei
Situative und verhaltensbezogene Fragen im Vorstellungsgespräch sollen der Polizei Hinweise darauf liefern, wie Sie im Dienstalltag auftreten und sich im Umgang mit anderen Personen verhalten werden. Gleichzeitig sollen die Fragen den Prüfern dabei helfen, Ihre persönliche und charakterliche Eignung für den Polizeiberuf einzuschätzen.
Dabei können sich situative Fragen inhaltlich mit möglichen Szenen aus dem Dienstalltag befassen. Das klingt dann zum Beispiel so:
- Stellen Sie sich vor, Sie sind als gemischtes Team unterwegs. Ein Bürger weigert sich strikt, mit einer Polizeibeamtin zu sprechen. Wie reagieren Sie?
- Weil Ihr Partner krank ist, sollen Sie mit einem Kollegen auf Streife gehen, mit dem Sie nicht besonders gut klarkommen. Wie verhalten Sie sich?
- Nach einem schwierigen Einsatz haben Sie einen sehr langen und komplexen Bericht geschrieben. Bei der Durchsicht fällt Ihnen auf, dass sich ein kleiner Fehler eingeschlichen hat. Für den Tathergang und die Ermittlungen spielt dieser Fehler aber letztlich keine Rolle. Schreiben Sie den Bericht trotzdem noch einmal neu?
- Sie kommen an einen Einsatzort, an dem die Sachlage unübersichtlich ist und an dem mehrere Personen hektisch durcheinanderlaufen. Was tun Sie, um den Überblick zu bewahren?
- Bei einem Einsatz hat Ihr Kollege die Fassung verloren und ist mit den ergriffenen Maßnahmen übers Ziel hinausgeschossen. Wie gehen Sie mit dem Vorfall um?
Andere situative und verhaltensbezogene Fragen im Vorstellungsgespräch können aus dem Kontext der Polizei herausgelöst sein und stattdessen ihr persönliches Umfeld betreffen. Beispiele für solche Fragen sind:
- Wie würden Sie einem Blinden die Farbe Blau beschreiben?
- Was tun Sie, wenn Ihre Familie Ihren Berufswunsch ablehnt und Sie deshalb keinerlei Unterstützung erwarten können?
- Wie gehen Sie mit ungerechtfertigter Kritik um?
- Was war die größte Enttäuschung in Ihrer Schulzeit?
- In welcher Situation wären Sie besonders stolz auf Ihre Leistungen?
Wie kann ich mich auf situative Fragen im Vorstellungsgespräch der Polizei vorbereiten?
Auf viele Fragen im Auswahlgespräch können Sie sich gut vorbereiten. Denn es gibt Klassiker, die praktisch immer gestellt werden, wenn auch unterschiedlich formuliert.
Bei situativen Fragen ist das ein bisschen anders. Das liegt zum einen daran, dass Sie vorher nicht wissen können, welche Situationen die Prüfer schildern werden. Zum anderen können die Fragen ungewöhnliche Inhalte haben, die scheinbar nichts mit dem Polizeidienst zu tun haben.
Dass Sie spontan reagieren müssen, ist durchaus so gewollt. Schließlich wissen die Prüfer sehr genau, dass sich Bewerber auf das Gespräch vorbereiten und sich Antworten auf die typischen Fragen zurechtlegen. Nur sagen gut durchdachte Antworten eben oft nur wenig über den wahren Charakter aus.
Im Rahmen Ihrer Vorbereitung sollten Sie sich deshalb noch einmal vor Augen führen, worauf es als Beamter im Staatsdienst ankommt. Welche Kompetenzen und Eigenschaften muss ein Polizeibeamter unbedingt haben? Welche charakterlichen Merkmale sind von Vorteil?
Gleichzeitig sollten Sie Ihr Profil überdenken. Was sind Ihre größten Stärken? Welche Werte sind Ihnen persönlich und mit Blick auf die Karriere wichtig? Bei welchen Gelegenheiten konnten Sie welche Kompetenzen unter Beweis stellen?
Bleiben Sie bei der Wahrheit!
Bei den situativen Fragen im Vorstellungsgespräch der Polizei macht es natürlich Sinn, dass Sie sich tatsächlich in die geschilderte Situation hineinversetzen und entsprechend antworten. Doch vor allem bei den Fragen, die nicht den Dienstalltag thematisieren, lohnt es sich, kurz darüber nachzudenken, worauf die Prüfer hinauswollen.
So geht es zum Beispiel bei der Frage, wie Sie einem Blinden die Farbe Blau beschreiben würden, weniger um die Beschreibung oder die Farbe. Die Frage soll vielmehr ermitteln, ob und wie Sie einer Person weiterhelfen können, die andere Voraussetzungen und Bedürfnisse mitbringt als Sie.
Die Prüfer sind erfahren genug, um einzuschätzen, ob Sie authentisch antworten oder nur etwas sagen, von dem Sie glauben, dass es gut ankommt. Konstruieren Sie keine unrealistischen Ideal-Aussagen. Niemand ist perfekt und macht stets alles richtig. Zeigen Sie stattdessen auf, dass Sie ein Teamplayer sind, der seine individuellen Stärken einbringen kann und will. Damit überzeugen Sie am meisten.